Verkehrspsychologie im Rechtskontext

Referenzen Verkehrspsychologie und Förderung der Fahreignung

Verkehrspsychologische Fachqualifikation

Dr. Glitsch hat das Studium der Psychologie 1998 mit dem Diplom abgeschlossen und 2003 seinen Doktortitel zum Thema Alkoholkonsum und Straßenverkehrskriminalität an der Universität Greifswald erworben. In dem interdisziplinären Forschungsprojekt mit der Kriminologie und der Rechtemedizin wurden die Ursachen und Hintergründe für abweichendes Verhalten im Straßenverkehr erforscht. 

Ein wichtiges Ziel war die Entwicklung von Interventionsmaßnahmen zur Verhaltensbesserung und die Untersuchung der Strafwirkung bisheriger Sanktionsmittel.

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Dr, Glitsch verfügt über die bundesweite Seminarerlaubnis Verkehrspsychologie gemäß § 4a Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG)1.

1 (erteilt durch das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) zum Geschäftszeichen IV B 11)

Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit mit zahlreichen Projekten zu Interventions- und Behandlungsmaßnahmen bei Straßenverkehrsauffälligen wurden auch Untersuchungen zur Wirksamkeit des Mehrfachtäter Punktesystems unternommen und Änderungen zum Fahreignungsregister vorgeschlagen. (FAER, ehemals VZR - Punkteregister in Flensburg). Der Punktekatalog wurde mit einem neuen System für sicherheitsrelevante Regelverstöße versehen und heißt jetzt Fahreignungsbewertungssystem.

Punkte-Tacho Fahreignungsseminar

25 Jahre psychologische Fallerfahrung

Dr. Glitsch war ebenfalls mehrere Jahre als MPU-Gutachter und Kursleiter von amtlich anerkannten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Fahreignung nach §§ 70 und 36 FEV tätig. Dr. Glitsch hat ferner für nahezu alle Kursanbieter die gesetzlich geregelten Gruppen- und Einzel-Maßnahmen zur Förderung und Wiederherstellung der Fahreignung durchgeführt (Modell AVANTI; Kurs LEER, NAFA, DEKRA mobil, Reha PS, IFT etc.). Eigene Modellprojekte zur Förderung der Fahreignung wurden über die anwendungsbezogene Forschungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt (vgl. “das Greifswalder Modell”). 

Über die universitäre Projektarbeit, Gutachtertätigkeit und zahlreiche Interventionsmaßnahmen lagen bereits bis zum Jahre 2024 weit über 5.000 verkehrspsychologische Einzelfallerfahrungen mit unterschiedlichsten Formen der Straßenverkehrsdelinquenz bei mehrfach und Intensivfahrauffälligen Kraftfahren im Alkohol- Drogen- Punkte- Aggressions- im Rechtskontext auch bei sonstigen Straften im Straßenverkehr vor. 

Verkehrspsychologische Sachverständigen-Gutachten

Seine wissenschaftlichen und praktischen Kenntnisse konnte Dr. Glitsch ebenfalls in verkehrspsychologischer Sachverständigengutachten bei Gericht einbringen. Die weitere wissenschaftliche berufliche Tätigkeit im Bereich der Förderung der Fahreignung mündete in 2012 in Optimierungsmaßnahmen des Mehrfachtäter-Punktesystems sowie die Entwicklung eines speziellen Fahreignungsseminars für Deutschland im Jahre 2013 mit Evaluation in 2024.

> Konzeptgrundlagen des Fahreignungsseminars

Das Fahreignungsseminar 

(§ 42 FEV, § 4a StVG)

Das heutige Fahreignungsseminar nach § 42 Fahrerlaubnisverordnung (FEV), bzw. § 4a Straßenverkehrsgesetz (StVG) sollte ursprünglich dazu entwickelt werden, unwirksame Aufbauseminare für Kraftfahrer und Punktetäter der Fahrschulen und veraltete Punkte-Seminare psychologischer Kursanbieter nach negativen MPU Gutachten (besonders viele Punkte Delikte) abzulösen. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit bei Punktetätern mit der Anzahl vergangener Delikte deutlich zunimmt weil sich Problemverhalten auch dadurch verfestigt, dass erst viel zu spät verhaltensändernd auf die besondere Tätergruppe Einfluss genommen wird.

> mehr erfahren zu Rückfallstudien bei Punktetätern (Einleitung, S. 7ff Rückfallzahlen) 

Insbesondere sollten die Kursleitervariablen bzgl. der verkehrspsychologischen Fachkompetenz und die diagnostischen Methoden sowie verhaltenswirksame Veränderungen verbessert werden.

Allerdings waren die Ansichten des Auftraggebers, der Bundesanstalt  für Straßenwesen (BAST) damals noch davon geprägt, Verkehrspsychologen und Verkehrspädagogen (Fahrlehrer) wären dazu geeignet, die Psychodynamik von in der Person des Fahrers liegendem, entwicklungsbedingtem Fehlverhalten zu verstehen, zu erklären und langfristig verändern zu können. 

> Seite 4: “Pädagogisch-psycholoigisches Vorgehen”

Dem hat der Forschungsnehmer (Universität Greifswald, Dr. Edzard Glitsch) vehement widersprochen. Fahrlehrer als Vertreter der Verkehrspädagogen verfügten weder über die Hochschulausbildung eines Pädagogen noch über die Berufsqualifikation eines Diplom oder Master Psychologen mit 4-5 Jahren Hochschulstudium der Psychologie und kennen sich in der Diagnostik der Psychodynamik von abweichendem Verhalten sowie Veränderungsmethoden menschlichen Verhaltens nicht ausreichend aus.

> mehr erfahren: Wirksamkeit von pädagogischen Aufbauseminaren

Wandel des Fahreignungsseminars bis 2024

Die politische Haltung der Bundesanstalt für Straßenwesen zur Wirksamkeit von Verkehrspädagogik (a.a.O., 2010, S. 4) aber auch Interventionen des Bundesverbandes der Fahrlehrervereinigung und der Fahrlehrer-Lobby führten zur Politisierung des neuen Fahreignungsseminars.  Den Fahrlehrern werde ihre unwirksame Verkehrspädagogik im Aufbauseminar für Punktetäter von den Psychologen weggenommen. Deshalb  sollten die Verkehrspädagogen (Fahrlehrer) in dem Fahreignungsseminar auch etwas machen. 

Politisierung der Forschung zum Fahreignungsseminar

Mit dieser politischen Einflussnahme auf den Forschungsauftrag (Verkehrspädagogik war im Forschungsauftrag zum Fahreignungsseminar ursprünglich nicht enthalten) und damit auch auf die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Forschung wurde der zumindest aussichtsreich wirksame Konzeptvorschlag der Universität Greifswald wesentlich verändert, und die weitere Forschung unmöglich gemacht. 

An dieser Stelle hat der Forschungsnehmer sein Forschungsprojekt beendet, da eine wissenschaftlich unabhängige Forschung von politischen Interessen unabhängig nicht mehr möglich war. Das Fahreignungsseminar war seitdem ein politisches Seminar der Fahrlehrerlobby ("Verkehrspädagogik") ohne jede Aussicht auf Wirksamkeit.

Ganz so wie in der Drucksache.19/11425 Deutscher Bundestag vorgetragen lief die Entwicklung des Fahreignungsseminars aus Sicht der Forschung eben gerade nicht ab.

> Drucksache 19/11425 Deutscher Bundestag zum Fahreignungsseminar 

Evaluation des Fahreignungsseminars und zukünftige Anwendung

Entsprechend verwundert es auch nicht, dass sich das neue - abgeänderte - Fahreignungsseminar in der Kurzzeitevaluation als nur teilweise wirksam herausstellte, nämlich bei denjenigen Straßenverkehrsteilnehmern, die ohnehin eine geringeres Rückfallrisiko aufweisen, den Frauen.

> Originaltext Deutsch Bundestag zur Evaluation des Fahreignungsseminars

Zwar hat das Fahreignungsseminar noch einen kleinen Vorteil gegenüber dem früheren Aufbauseminar, da dies nicht nur unwirksam, sondern sogar negativ wirksam war. 

Ein erweitertes psychologisches Fahreignungsseminar wäre jedoch voraussichtlich wirksamer und könnte dabei helfen, die Folgekosten eines Führerscheinentzuges inkl. teurer MPU und Vorbereitung, zu verhindern.

Insgesamt wurden durch den politischen Kompromiss zu den Kursleitervariablen (nur teilweise problemgerechte  berufsfachliche Qualifikation) jedoch erhebliche Potentiale und Innovationen der Fahreignungsförderung durch das Fahreignungsseminar verschenkt. 

Fachwissenschaftliche Referenzen aus der verkehrspsychologischen Forschung und Praxis

Dr. Glitsch verfügt seit 1998 über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Verkehrspsychologie in Forschung und Praxis. 

> Dr. Glitsch Forschung, Vorträge und Publikationen Universität Greifswald 

Nachfolgend finden sie eine Auswahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vorträgen zun Fahreignungsseminar, Aggression im Straßenverkehr, Punktetätern und anderen verkehrspsychologischen Maßnahmen zum Sicherheitsverhalten von verkehrsauffälligen Kraftfahrern.

  • Glitsch, E., Knuth, D. (2016). Key aspects of successful rehabilitation after repeated or serious driving offenses. Traffic Injury Prevention 17(4), pp. 336-345. DOI: 10.1080/15389588.2015.1082176
  • Glitsch, E., (2014). Kadenz zum Solo über 15 Jahre: Risikoverhalten, Delinquenz und Rehabilitation im Straßenverkehr. In: K.H. Liebl u.a. (Hrsg.) Forschung zu Sicherheit und Sicherheitsgewährung. Festschrift für Manfred Bornewasser. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, S. 63-85.
Veröffentlichungen zu Fahreignungsseminar 
  • Glitsch, E., Bornewasser, M. (2013). Intervention für punkteauffällige Fahrer -Konzeptgrundlagen des Fahreignungsseminars, Teil 1: Optimierung der Interventionsmaßnahmen im Rahmen der Reform des Mehrfachtäter-Punktsystems. In: Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.) Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, M 241, S. 3-61. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
  • Unger, T., Glitsch, E. und Bornewasser, M. (2013). Aggressives Verhalten im Straßenverkehr. SVR, 9, S. 329-334.
  • Glitsch, E. und Bornewasser, M. (2013). The rehabilitation of drivers who have committed repeated or serious driving offences. In: Centre for Accident Research and Road Safety - Queensland (Eds.): Proceedings of the 20th International Conference on Alcohol, Drugs and Traffic Safety, Brisbane, Queensland, Australia. Internet:http://t2013.com/wp-content/uploads/2013/08/160813_ICADTS_Proceedings.pdf [18.09.2013], pp. 290-95.
  • Glitsch, E., Bornewasser, M. & Dünkel, F. (2012). Rehabilitationsverlauf verkehrsauffälliger Kraftfahrer. In: Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.) Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, M 226. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
  • Glitsch, E. und Bornewasser, M. (2011). Expertenbefragung zum Mehrfachtäter-Punktsystem in Flensburg. Forschungsbericht an die Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach: Referat U4.
Fahreignungsdiagnostik 
  • Glitsch, E. (2009). Urteilsfindung in der medizinisch-psychologischen Fahreignungsuntersuchung (MPU) In: Schriftenreihe Fahreignung: Beitrag zum Themenblock Fahrtauglichkeit I (Medikamente, Krankheit, Alter) des 35. Kongresses der Deutschen Gesellschaft fuer Verkehrsmedizin e.V. (DGVM) vom 12.-14. Maerz 2009 in Goslar, S. 37-38. Bonn: Kirscbaum Verlag.
  • Glitsch, E., Burmeister, K. (2008). Kriterienrelevanz und Entscheidungsfindung in der medizinisch-psychologischen Fahreignungsbegutachtung. [Relevance of criteria and decision making in Medical Psychological Assessment procedures]. Blutalkohol, 45 (1), 1-28.
Verkehrspsychologische Maßnahmen
  • Klipp, S., Bornewasser, M., Glitsch, E., Dünkel, F. (2008). Potenzial bestehender Beratungskonzepte und Ansätze zur Optimierung. In: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 196: Psychologische Rehabilitations- und Therapiemaßnahmen für verkehrsauffällige Kraftfahrer, 79-112.
  • Klipp, S. & Glitsch, E. (2007). Straßenverkehrsdelinquenz unter Alkohol- und Drogeneinfluss - Zusammenfassung des Workshops. In: Lorei, C. (Hrsg.) "Polizei & Psychologie" Kongressbericht 2006, 827-852. Frankfurt a. M.: Verlag für Polizeiwissenschaft.
  • Klipp, S., Glitsch, E., Bornewasser, M. & Dünkel, F. (2007). Das Greifswalder Modell: Aktives Gesundheitsmanagement im Kontext von Straftaten unter Alkoholeinfluss. In: Lorei, C. (Hrsg.) "Polizei & Psychologie" Kongressbericht 2006, 853-869. Frankfurt a. M.: Polizeiwissenschaft.
Teilnahmemotivation an verkehrspsychologischen Maßnahmen
  • Glitsch, E., Klipp, S. & Bornewasser, M. (2006). Comparing models of health action process of drunk drivers. Psychology & Health, 21, Supplement 1, 56.
  • Klipp, S., Glitsch, E., Bornewasser, M. & Dünkel, F. (2005). Bestimmungsfaktoren der frühzeitigen Teilnahme alkoholauffälliger Kraftfahrer an Interventionsmaßnahmen. [Determinants of Early Participation in Drunk Driving Rehabilitation]. Blutalkohol, 42 (4), 285-302.
  • Glitsch, E., Bornewasser, M., Dünkel, F. & Klipp, S. (2004). The Impact of Information and Counselling on the Motivation to participate in Rehabilitative Programs. In: S. Oliver, P. Williams, A. Clayton (Eds.): Proceedings of the 17th International Conference on Alcohol, Drugs and Traffic Safety, Glasgow, Scotland, UK.
  • Glitsch, E., Klipp, S., Bornewasser, M., Dünkel, F. (2004). Beratung mit Prämie und Anreize zur Verhaltensänderung – Ein innovatives Konzept zur frühzeitigen Wiederherstellung der Fahreignung und Rückfallvermeidung. [Training with award and incentives for behaviour change. An innovative concept to early restoration of driver aptitude and relapse prevention.] Blutalkohol, 41, 401-421.
Doktorarbeit Schriftenreihe zum Strafvollzug, Jugendstrafrecht und zur Kriminologie
  • Glitsch, E. (2003). Alkoholkonsum und Straßenverkehrsdelinquenz. Eine Anwendung der Theorie des geplanten Verhaltens auf das Problem des Fahrens unter Alkohol unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses von verminderter Selbstkontrolle. Godesberg: Forum.
Screening und Differenzierung von Risikogruppen
  • Glitsch, E., Bornewasser, M., Dünkel, F., Lignitz, E. & Philipp, K.-P. (2001). Subjektive und objektive Alkoholmarker beim Screening eines riskanten Umgangs mit Alkohol – Ein alternativer Zugang zu Risikopopulationen im Rahmen der Prävention von Gesundheitsstörungen durch Alkohol. [Screening of hazardous drinking by use of subjective and objective alcohol markers - An alternative way to gain access to risk populations in the context of the prevention of alcohol related health disorders.] Blutalkohol, 38, 131-154.
  • Dünkel, F., Glitsch E., Bornewasser M. & Geng, B. (2001). Alkohol im Straßenverkehr: Ursachenforschung und Interventionsansätze in Mecklenburg-Vorpommern. Neue Kriminalpolitik, 13(1), 32-37.
  • Glitsch, E., Bornewasser, M. & Dünkel, F. (2000). Trunkenheitsfahrten unter Berücksichtigung hemmender und bahnender Handlungsmotive. In R Egg, C Geissler (Hrsg.), Alkohol, Strafrecht und Kriminalität (S. 127-169). Kriminologische Zentralstelle, Wiesbaden.

Referenzen

zur weiteren wissenschaftlichen Forschung und Vorträgen siehe auch:

Dipl.-Psych.Dr. Edzard Glitsch Psychologie Universität Greifswald